Museo Comunale d'Arte Moderna
11. März - 10. Juni 2012
Die Ostsee der Avantgarden (1890-1930) fügt sich in die historischen Begebenheiten ein, die zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert das politische und soziale Gleichgewicht von halb Europa veränderten. Nie wie damals verspürten Künstler und Intellektuelle eine so tiefe Unbehaglichkeit, einen Verlust und eine Unangemessenheit im Vergleich zu den beruhigenden Werten des 19. Jahrhunderts, die von der industriellen Revolution, von der Geburt der Psychoanalyse, der Quantenphysik und des Imperialismus, der letztendlich zu den beiden Weltkriegen führte, unerbittlich beeinträchtigt wurden.
Um sich dem Fortschritt und dem Positivismus, als neuem Interpretationsmodus der Realität entgegenzusetzen, suchten Künstler und Intellektuelle neue, alternative Wege: Lebensprojekte, die von sozialistischen oder anarchistischen Modellen inspiriert waren, sowie von der Rückkehr zur Natur, aber auch von der Wiederentdeckung der deutschen Mystiker (Eckhart, Böhme), dem Studium orientalischer Religionen und der Wiedererlangung esoterischen Glaubens.
In diesem umfassenden und gegliederten Gesamtbild, stellt die weite und naturverbundene Region der Ostsee, wo die Künstler wiederholte Sommeraufenthalte verbrachten, einen idealen Fluchtort vor der Realität dar, der sich jedes Mal individuell nach dem Streben und der Poetik der einzelnen Künstler verwandelte - seien diese romantisch, naturalistisch, expressionistisch, dadaistisch, der neuen Sachlichkeit"¦ - welche ihre Ideale von Wiederversöhnung und Gemeinschaft zwischen Wesen und Dingen auf diese Orte übertrugen.
Die Ausstellung wird von Mara Folini, Direktorin des Museums von Ascona, betreut und zeigt zum ersten Mal einen Überblick der Gäste, die sich in den an die Ostsee angrenzenden Gebieten aufhielten und bietet so auch die ganze Bandbreite der Stile der modernen Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Vom Impressionismus von
Lovis Corinth, der die Region schon ab 1890 besuchte, zum Neoimpressionismus von Ivo Hauptmann, weiter zum Expressionismus von Cesar Klein, zum eher lyrischen Expressionismus von Marianne Werefkin und Alexej Jawlensky und zum sozialen Expressionismus von Erich Heckel, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff. Der grosse Krieg führte zur Ankunft der ernüchterten Dadaisten wie George Grosz, Hans Arp, Sophie Taeuber, Kurt Schwitters, Raoul Hausmann und Hannah Höch, die ab 1916 einzeln oder zusammen bis in die dreissiger Jahre dort verweilten. Weiter aufzählen kann man den expressionistischen Konstruktivismus von Lyonel Feininger und die Neue Sachlichkeit von Willy Jaeckel und Alexander Kanoldt, bis zur Rückkehr zur Ordnung von Max Kaus, um mit dem nicht objektiven und später informellen Bauhaus von Ernst Wilhelm Nay abzuschliessen.
In der Ausstellungsgestaltung sind ausserdem Persönlichkeiten vertreten, die sich entschieden, die Küste der Ostsee ab den zwanziger bis in die späten dreissiger Jahre zu besuchen, um ausserhalb der Realität, inmitten einer primitiven Natur eindringlich und mit romantischer oder symbolischer Dramatik, einen pantheistischen Sinn in der Vereinigung mit den Kräften der Natur wiederzufinden, um so die harte Wirklichkeit der Nachkriegszeit zu überwinden: dies ist der Fall von Käthe Loewenthal und Paul Kuhfuss.
Die Ausstellung wurde dank der Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum Schwerin (Deutschland), von welchem das Ausstellungskonzept stammt, realisiert. Nach der erfolgreichen Ausstellung im vergangenen Herbst im Schweriner Museum, die von Kornelia Röder und Antonia Napp betreut wurde, wird die Ausstellung nun in der Schweiz präsentiert. Zur Ausstellung wurde ein deutscher Katalog bei Hirmer Verlag München herausgegeben, der in Ascona von einem Heft des Verlegers Armando Dadò begleitet wird, welches die italienischen Übersetzungen der Beiträge beinhaltet und von den Abbildungen der Werke, die ausschliesslich in Ascona ausgestellt werden, bereichert wird.
Samstag, den 10. März 2012, um 17.30 Uhr
Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Reportage auf Rete 2, ausgestrahlt am 29. März 2012
Reportage auf DRS 2, ausgestrahlt am 23. März 2012
Lovis Corinth (1858-1925) | Ostsee | 1902 | Öl auf Leinwand | 40 x 60 cm | Leihgabe Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund
Alexej Jawlensky (1865-1941) | Sturmkiefern in Prerow | 1911 | Öl auf Karton | 50 x 54.5 cm | Merzbacher Kunststiftung
Cesar Klein (1876-1954) | Ahrenshoop III (Strasse mit Telegrafenmasten) | 1909 | Öl auf Karton | 30 x 40.5 cm | Privatbesitz
Max Kaus (1891-1977) | Badende in Bucht auf Hiddensee | 1923 | Öl auf Leinwand | 120 x 110 cm | Stiftung Kunstmuseum Ahrenshoop
Arthur Segal (1875-1944) | Mondscheinlandschaft und Ruderer | 1918 | Öl auf Leinwand | 32.5 x 41.5 cm | Sammlung Città di Locarno, Schenkung Jean und Marguerite Arp
Marianne Werefkin (1860-1938) | Skizzenbuch b14 (S. 45) | o.J. | Tempera auf Papier | 7.8 x 12 cm | Fondazione Marianne Werefkin, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Sonntag, den 25. März 2012, um 10.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Öffentliche Führung durch die Ausstellung; im Eintrittspreis inbegriffen. Die Voranmeldung beim Museum wird empfohlen.
Mittwoch, den 4. April 2012, von 15.00 bis 16.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Sonntag, den 15. April 2012, um 10.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Öffentliche Führung durch die Ausstellung; im Eintrittspreis inbegriffen. Die Voranmeldung beim Museum wird empfohlen.
Mittwoch, den 25. April 2012, von 15.00 bis 16.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Mittwoch, den 2. Mai 2012, von 15.00 bis 16.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Sonntag, den 6. Mai 2012, um 10.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Öffentliche Führung durch die Ausstellung; im Eintrittspreis inbegriffen. Die Voranmeldung beim Museum wird empfohlen.
Mittwoch, den 30. Mai 2012, von 15.00 bis 16.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Mittwoch, den 6. Juni 2012, von 15 bis 16.30 Uhr, Alle bereit für den Sommer?
Sonntag, den 10. Juni 2012, um 10.30 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Öffentliche Führung durch die Ausstellung; im Eintrittspreis inbegriffen. Die Voranmeldung beim Museum wird empfohlen.