Museo Castello San Materno
19. März - 30. April 2022
«Ich mag die Unvollkommenheit und den starken Strich analog animierter Filme.»
Marion Nyffenegger
Im Zentrum des künstlerischen Schaffens der 1995 in Aarau geborenen und im Kanton Solothurn aufgewachsenen Marion Nyffenegger steht das bewegte Bild. Als Grundlage ihrer Animationsfilme dient ihr eine Vielzahl von Zeichnungen. So auch in ihrem Abschlussfilm an der Hochschule Luzern - Design & Kunst von 2019 mit dem Titel Das Leben ist eines der Leichtesten. Der Film hat die Lebenssituation von fünf in der Schweiz lebenden Personen zum Thema, die verschiedener ethnischer Herkunft sind und aus unterschiedlichen Generationen stammen. Sie erzählen von ihrer Kindheit, ihren Lebenserfahrungen, von dem, was sie im Leben geprägt hat und von ihren Wünschen und Zielen für die Zukunft.
Mehr als neun Monate lagen zwischen Idee, Umsetzung und Fertigstellung ihres 7'30 Min. langen, dokumentarischen Animationsfilms, der sich sowohl an Jugendliche als auch an Erwachsene wendet. Die Ausstellung dokumentiert den Entstehungsprozess dieses Films.
Marion Nyffenegger skizziert mit Kohle auf Papier. Jede Zeichnung wird auf dem Animationstisch, dem sogenannten Reprostativ, fotografiert und danach bearbeitet, verwischt, radiert, wieder aufgebaut, erneuert oder schließlich ganz ausradiert. Durch diese unmittelbare analoge Technik gingen eine Vielzahl von Zeichnungen im Prozess verloren, daher haben sich nur Bruchteile der weit über 5.200 Einzelbilder erhalten.
Parallel zur Animation wurden die zuvor mit den fünf Protagonisten geführten Interviews in einem stetigen Prozess auf ein Minimum reduziert und verdichtet. Früh wurden auch der Musiker und Sounddesigner bei der Entstehung des Films eingebunden, weil Bild und Ton sich gegenseitig bedingen. "žDer Film soll", so Marion Nyffenegger, "žbeim Betrachter permanent Assoziationen auslösen, manchmal ausformuliert, manchmal nur angedeutet, manchmal greifbar, manchmal förmlich aufgelöst."
In ihrem Kurzfilm la mano (2018) verknüpft Marion Nyffenegger die Technik der Knet-Animation mit Filmaufnahmen von einem Schattenspiel der Hände.
Ein experimenteller Arbeitsprozess, bei dem das Interesse am haptischen Arbeiten im Vordergrund steht und dessen besondere Herausforderung darin bestand, beide unterschiedlichen Filmmaterialien zu editieren.
Während ihres Austauschsemesters am College of Art in Edinburgh entstand 2018 der analoge Animationsfilm We are Memories. Abermals ein Zeichentrickfilm, der - zusammengesetzt aus einer Vielzahl von Kohlezeichnungen auf Papier - eine Joggerin zeigt, die sich vom Rhythmus ihrer Schritte treiben lässt und sich dabei, getragen von Erinnerungen, Gedanken über ihre eigene Existenz macht. Ein Film, der deutlich zeigt, wie sehr Marion Nyffenegger es liebt, "ždie Kohle in den Händen zu halten. Zu hören, wie das Papier raschelt." "žIch liebe das Zeichnen", so die Künstlerin weiter, "žes ist meine Sprache, in der ich mich ausdrücken kann."
Im Auftrag der Kulturstiftung Kurt und Barbara Alten hat Marion Nyffenegger ein Kreativprogramm für Kinder und Jugendliche entwickelt. Anlässlich der Ausstellung wird es erstmalig präsentiert und der Weg von der Entwicklung bis zur endgültigen Realisation des Programms beispielhaft an einem Werk der Sammlung aufgezeigt.
Die jungen Besucherinnen und Besucher sollen im Museo Castello San Materno auf Entdeckungsreise gehen. Ausgerüstet mit einer Mappe voller Mal- und Bastelvorlagen und Farbstiften sollen sie sich vielfältig mit den Künstlerinnen und Künstlern und deren Werken auseinandersetzen und dabei selbst kreativ werden.
Die Mappen stehen Familien mit Kindern und Schulklassen kostenlos zur Verfügung.
Harald Fiebig
Die Ausstellung, kuratiert von Harald Fiebig in enger Zusammenarbeit mit Marion Nyffenegger, ist ein Projekt der Kulturstiftung Kurt und Barbara Alten, Solothurn, in Kooperation mit dem Museo Comunale d'Arte Moderna und der Gemeinde Ascona.
Freitag, den 18. März, um 18.30 Uhr
Marion Nyffenegger wurde 1995 in Aarau geboren. Sie besuchte von 2011 bis 2014 das Gymnasium in Liestal mit dem Schwerpunkt Bildnerisches Gestalten. Nach dem einjährigen Vorkurs in Gestaltung an der Schule für Gestaltung Basel studierte Nyffenegger von 2016 bis 2019 Animation an der Hochschule Luzern - Design & Kunst. Während des Studiums folgt ein Austauschsemester am Edinburgh College of Art. Mitarbeit unter anderem beim Gässli Film Festival, Zoomz Festival für Kinder- und Jugendfilm und BildWerk Luzern.
Filmografie
2019
Das Leben ist eines der Leichtesten
2018
We Are Memories; la mano; Lumina; Spirits of the Sea
2014
Und Morgen fahre ich dann zurück nach Lissabon…
2013
Alles bleibt anders
Preise und Auszeichnungen
2020
Bildrausch Filmfest Basel, Jurypreis
2019
Nomination Pardi di Domani, Locarno Film Festival; Förderpreis Film, Kanton Solothurn; Zuger Filmtage, Best Sounddesign; Internationale Kurzfilmtage Winterthur, Special Mention
2018
Jung & abgedreht, Hanau, Sonderpreis Beste weibliche Regie; Upcoming Filmmakers - Schweizer Jungfilmfestival, Luzern, Best Genre Mix; bugnplay.ch, Bronze Award; The Day Light Group, Cornwall, Publikumspreis
2016
Jung & abgedreht, Hanau, Jurypreis; NICE International Film Festival, Best Animation or animated Sequence
2015
Gässli Film Festival, Basel, Jurypreis
2014
Schweizer Jugendfilmfestival Zürich, Kategorie A, 3. Platz
Marion Nyffenegger | Abtauchen | 2019 | Kohle auf Papier | Das Leben ist eines der Leichtesten - Filmstill
Marion Nyffenegger | Erinnerung an Geborgenheit | 2019 | Kohle auf Papier | Das Leben ist eines der Leichtesten - Filmstill
Marion Nyffenegger | Fallen lassen | 2019 | Kohle auf Papier | Das Leben ist eines der Leichtesten - Filmstill
Marion Nyffenegger | Effimero | 2019 | Carboncino su carta | La vita è una delle più facili - fermo immagine
Marion Nyffenegger | Eigener Weg | 2019 | Kohle auf Papier | Das Leben ist eines der Leichtesten - Filmstill
© Marion Nyffenegger für alle Abbildungen