Museo Comunale d'Arte Moderna
9. Juli - 25. September 2016 VERLÄNGERT
AUSSTELLUNG BIS AM 9. OKTOBER 2016 VERLÄNGERT
Die Ausstellung Una Segnaletica dell'Essere (etwa: "žZeichen des Seins") von Stefania Beretta (Vacallo, 1957) - kuratiert von Mara Folini, Viana Conti und Ellen Maurer Zilioli - wurde eigens für die Räume des Museo Comunale in Ascona konzipiert. Das Thema ist die Sakralität des Alltags in Indien, den die Künstlerin über einen Zeitraum von rund dreißig Jahren beobachtet und fotografiert hat. Die Kontinuität ihrer Recherchen ist in den über fünfzig Werken abzulesen, die nach Themenzyklen in vier Abteilungen gegliedert sind. Diese entsprechen gleichzeitig verschiedenen Zeiträumen und Techniken.
Die Ausstellung wird mit der Serie indiarasoterra (etwa: "žIndien auf Bodenebene") eröffnet, die in den Jahren 2001 und 2002 mit der Schwarzweiß-Polaroid und dem Druck mit Silbersalzen entstand. In diesen Aufnahmen beobachtet Stefania Beretta die alltägliche Dimension des gewöhnlichen Daseins vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang in Ritualen wie Essen, Danken, Rückzug ins Gebet, die alle von einer Aura intensiver Sakralität geprägt sind.
Im Zyklus Indian walls (2008-2015, "žIndische Wände") konzentriert sich der Blick der Künstlerin auf einen städtischen Aspekt, nämlich Mauern und Wände, an denen alle Spuren und Schichten zu wahren "žZeichen des Seins" werden. Die digitalen Farbfotos werden zu abstrakten, geometrischen oder auch gestischen Kompositionen, in denen abblätternde Farbschichten sich abwechseln mit Schriftzeichen, mit von hängenden Objekten projizierten Schatten, mit Strukturen, die durch Raster von Strom- und Telefonkabeln entstehen.
Paesaggi improbabili ("žUnwahrscheinliche Landschaften") ist der Titel des Zyklus, der 2006 begonnen wurde und noch in progress ist, und dem Wunsch entspringt, der Zweidimensionalität der Fotografie eine physische Dimension hinzuzufügen: die Künstlerin "žübernäht" ihre Fotos mit den Nadelstichen der Nähmaschine und verleiht so dem fotografischen Werk, das von Natur aus für die Reproduktion durch den Druck bestimmt ist, Einzigartigkeit. Sie bearbeitet also im Nachhinein die Farbfotos mit einem Gewirr oder Linien von Nähten und Fäden, die ihre Werke in der Anlage visionär und kreativ verstärken.
Die Ausstellung findet ihre ideelle Vollendung und den Abschluss im Zyklus rooms (1986-1998, "žZimmer"), der den Aufenthalten in den vielen Hotelzimmern oder improvisierten Gasthöfen gewidmet ist und damit Stationen der langen physischen und spirituellen Reise von Stefania Beretta auf den indischen Straßen rekonstruiert. Die Analogaufnahmen wurden mit einer kleinen oder mittelgroßen Kamera in schwarzweiß aufgenommen und bilden Fragmente von Erinnerungen: ihre anthropologische Poesie entsteht aus einer fotografischen Sprache, die Indizien für eine menschliche Präsenz erfasst, diese aber nicht selbst darstellt, sondern in den Spuren, Gegenständen oder den Falten eines Lakens spüren lässt.
Die Ausstellung vereint Orient und Okzident und widerspiegelt die Vision einer Künstlerin, deren Aufnahmen an sakralen Orten ebenso wie auf der Straße die Transparenz ihres Blickes, die Lösung von der Welt der Stereotypen, die Empathie für eine Menschheit zeigen, der Träume und Enttäuschungen gemeinsam sind. Die bunten Fäden, mit denen Stefania Beretta ihre Werke übernäht, die glückbringenden Fäden, mit denen indische Bräute die Wurzeln des heiligen Banyanbaumes umwickeln, die Drähte und Kabel, die den Himmel der verschlungenen, bevölkerungsreichen indischen Metropolen durchziehen, weben gleichzeitig in dieser Ausstellung die mitreißende, verführerische Erzählung über eine gleichzeitig spektakuläre und mystische Welt und damit eine vielfarbige Geografie des Denkens.
Stefania Beretta | Indian Walls #050 | 2008 | ® Stefania Beretta
Stefania Beretta | Indian Walls #076 | 2013 | ® Stefania Beretta
Stefania Beretta | Unwahrscheinliche Landschaften #22 | 2013 | ® Stefania Beretta
Stefania Beretta | Unwahrscheinliche Landschaften #28 | 2014 | ® Stefania Beretta
Stefania Beretta | Unwahrscheinliche Landschaften #47 | 2015 | ® Stefania Beretta
Mittwoch, den 31. August 2016, um 18.00 Uhr, Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
Führung durch die Ausstellung zusammen mit Stefania Beretta.